Nun sind schon wieder zwei Wochen rum seit meiner letzten Meldung. Das ging ganz schön schnell! Dafür ist auch ganz viel passiert und ich probiere mal, das einigermaßen strukturiert zusammenzufassen ;)
Und ich habe mich dazu entschieden, aktuelle Empfehlungen (Bücher, Videos, Filme, Musik, …), die ich teilen möchte, immer ans Ende meiner Blogposts zu schreiben. Also fühlt euch gerne eingeladen, euch das anzuschauen, wenn ihr grade Kapazitäten und Interesse habt.
Am Wochenende vom 04.10. war ganz verschiedenes los. Am Freitag war ich mit Lewan und seiner Tochter unterwegs. Die wohnt mit ihrer Familie in Tbilisi und wir sind nach Mtskheta (მცხეთა) gefahren, das ist die antike Hauptstadt Georgiens. მცხეთა (Mtskheta) liegt etwa 25 Kilometer nördlich von Tbilisi. Man könnte meinen, das sei keine weite Entfernung, aber beim Tbilisier Verkehr braucht man auch bestimmt eine Stunde mit dem Auto dafür. Das religiöse Zentrum მცხეთას ist die Svetitskhoveli-Kathedrale (სვეტიცხოველი), die seit dem 11. Jahrhundert in der heute zu sehenden Gestalt dort steht.
In der Kathedrale befindet sich der Legende nach das Gewand Jesu. Ein junger Georgier soll von der anstehenden Kreuzigung Jesu gehört und sich auf den Weg gemacht haben, um dagegen zu stimmen. Leider kam er zu spät und konnte nur noch die Wachen bestechen, ihm das Gewand Jesu zu überlassen, das er dann mit nach Hause nahm und seiner Schwester gab, die daraufhin vor Trauer starb. Ich finde es tatsächlich bisher die wildeste Reliquienlegende, die ich bisher gehört habe, aber mein ehemaliger Religionslehrer Jörg Nowotny kennt bestimmt noch krassere ;).
Danach waren wir etwas essen und ich habe zum ersten Mal Khinkali (ხინკალი) probiert (Link). Äußerst lecker.
Im Anschluss haben wir uns das Kloster Jvari (ჯვარი bzw. ჯვრის მონასტერი) angeschaut, das tatsächlich noch älter ist als die სვეტიცხოველი-Kathedrale (Svetitskhoveli). Sie stammt aus dem 6. Jahrhundert und wird gerade renoviert. Da sie auf einem Berg gegenüber von მცხეთა (Mtskheta) liegt, ist die Kirche von weitem zu sehen. Neben anderen Baudenkmälern aus მცხეთა (Mtskheta) handelt es sich um UNESCO-Weltkulturerbe. Es ist die älteste erhaltene Kirche Georgiens!
Wir fuhren weiter in ein Dorf Richtung Osten, wo ein Freund von Lewan wohnt, der Rafting- und Ski-Touren anbietet. Vielleicht kann ich da mal mitfahren. Das war ganz schön und vor allem gab es auch zwei ganz niedliche Baby-Katzen, die sehr verschmust waren.
Am Samstag war ich nachmittags mit Yana, Mariam und Tornike verabredet zum Stadtanschauen. Es war Tbilisoba, was wohl so eine Art Stadtfest ist. Wir sind durch die Altstadt gelaufen und haben ganz viele Sehenswürdigkeiten angeschaut, alte Kirchen, die Europa-Brücke, die Thermen und vieles mehr.
Im Anschluss daran war ich mit David verabredet, den ich im Georgisch-Kurs kennengelernt habe. Er ist auch Deutscher und lehrt hier fürs Goethe-Institut Deutsch. Und er mag auch Fußball. Wir wollen zu einem Zweitligaspiel von Lokomotive Tbilisi. Irgendwie wurde es eine Stunde vorverlegt, deswegen sind wir viel zu spät, was aber nicht schlimm ist, da die Tickets nichts kosten und auch nur maximal 400 Zuschauer*innen da sind. Das Spiel ist eher so Oberliga- bis Landesliga-Niveau, aber es ist trotzdem ganz cool (Endstand 1:1). David und ich verabreden uns für eine Fußballreise nach Batumi (ბათუმი) und Poti (ფოთი) in zwei Wochen.
Am Sonntag bin ich dann mit Zaleko, Tornike, Yanas Bruder, einem Freund von Tornike und dem Cousin von Zaleko unterwegs. Wir ernten den Wein von Zalekos Sommerhaus im selben Ort, wo ich gestern Mamouk getroffen habe, den Freund von Lewan. Aus den Trauben, die übrigens unglaublich fantastisch schmecken, soll Wein gemacht werden. Dafür quetschen wir die Trauben auch. Danach müssen sie 25 Tage stehen (so habe ich das zumindest verstanden…).
Ach ja, ich habe jetzt endlich genug Kochutensilien. Die Ausstattung der Küche war eher sehr alt bis gesundheitsschädlich, weswegen ich nun einen neuen Topf und eine neue Pfanne bekommen habe. Pfannenwender ohne Metall gab es auch nicht, naja, und so hat es gedauert. Am Montag (07.10.) habe ich mir das erste Mal hier etwas gekocht (und mit Basar-Gewürzen gleich mal viiieeeel zu scharf gewürzt).
Dann gab’s wieder viel Uni. Ich hab mich da noch nicht so richtig eingegrooved. Es gibt schon ein bisschen mehr zu tun, als ich das zuletzt gewohnt war und dann ist alles noch auf Englisch. Mir fällt das sehr schwer – auch wenn ich’s sehr interessant finde. Ich habe jetzt, recht final, folgende Kurse: Georgian Language, Effects of social media use, Politics of South-Caucasian States sowie Anthropology of Post-Soviet Societies. Am meisten gefällt mir der Social-Media-Kurs, weil die Dozentin das sehr interaktiv gestaltet. Politics… ist sehr spannend, aber die redet extrem schnell und atmet, glaube ich, auch nicht (mir ist noch nicht aufgefallen, dass sie atmet…).
Sehr nervig ist, dass wir immer noch keine Students-Cards haben. Das ist ein Bank-Account, mit dem man Rabatt beim ÖPNV-Fahren bekommen soll (aber selbst das scheint nicht gesichert, obwohl sehr proaktiv damit geworben wurde). Außerdem antwortet mir meine Uni nicht auf wichtige E-Mails zum Learning Agreement (das Dokument, was mir zusichert, welche Kurse in welchem Maß anerkannt werden).
Ach ja, und dann kommt ja noch die Sache mit Jürgen Klopp dazu. Für die, die das noch nicht wussten: Ich bin seit fast immer BVB-Fan und bekennender Fußballromantiker und -traditionalist. Von daher ist das Red-Bull-Konstrukt die Inkarnation des Bösen in Bezug auf Fußballromantik (mehr dazu hier). Dass ausgerechnet Jürgen Klopp jetzt „Global Head of Soccer“ bei Red Bull wird, hat mich sehr getroffen. Wahrscheinlich waren wir alle zu naiv, in diesem Business gibt es seit Christian Streich raus ist einfach keine guten Menschen mehr, die für mehr stehen als Geld. Dass Jürgen Klopp erst kürzlich mit dem Bundesverdienstkreuz für sein Antirassismusengagement geehrt wurde, jetzt aber ab 2025 bei einem Konzern unter Vertrag steht, der in Österreich mit Servus TV einen rechtspopulistischen Fernsehsender betreibt, zeigt das einmal mehr. Zwei Empfehlungen aus der schwatzgelben Fanszene: Nummer 1 und Nummer 2.
Enttäuschend.
Weil es so viel zu erzählen gab, schreibe ich den Rest in einen extra Beitrag. Dann kann man es sich besser aufteilen.
Aktuelle Empfehlungen von mir
Podcast: Couple Of: Heartbreaks – Schlechte Briefe für gute Zeiten. Die Folge fand ich sehr spannend.
Video: Vater bekannt – ein Samenspender und seine 30 Kinder. Da bin ich durch Zufall drauf gestoßen und der klingt nach einem richtig coolen Typ.
Buch: Ungleich vereint. Warum der Osten anders bleibt, Steffen Mau. Muss sehr toll sein. Ost-West-Forschung finde ich generell sehr spannend. Steffen Mau ist auch Erstautor von „Triggerpunkte“ und ich freue mich schon sehr auf das Buch, hab es aber noch nicht gelesen. Ist eher eine soziologische Perspektive, vermute ich.
Buch: Freiheitsschock. Eine andere Geschichte Ostdeutschlands von 1989 bis heute, Ilko-Sascha Kowalczuk. Der Autor ist einer der renommiertesten Historiker*innen zur DDR- und Friedliche-Revolutions-Geschichte und hat ganz lange im Stasi-Unterlagenarchiv gearbeitet. Kürzlich erschien seine zweiteilige Ulbricht-Biografie. Ich habe „Die Übernahme“, sein Buch von 2019 (?) gelesen und aufgrund seiner klaren Benennungen und des essayhaften Stils sehr gemocht. Auch dieses Buch (Freiheitsschock) habe ich noch nicht gelesen, freue mich aber sehr drauf.
Lied: Alles was ich hab (Alin Coen). Das habe ich letzte Woche sehr viel gehört :). Überhaupt Alin Coen ist sehr toll.
Kinderlied: Ich bin wichtig (Antje Schomaker). Dieses Kinderlied habe ich von Nele kennengelernt und es ist richtig toll. Mir hat es tatsächlich schonmal geholfen zum Aufbauen. :)
Mini-Serie: Eldorado KaDeWe. Schaue ich gerade mit Nele. Eine queere Geschichte über die Zeit des KaDeWes während der Weimarer Republik.