Svaneti

Georgien
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Autor:in

žuk

Veröffentlichungsdatum

17. Oktober 2024

Anfang der Woche ergab sich eine sehr aussichtsreiche Möglichkeit: Wandern in Svaneti (სვანეთი) vorm Winter. Die Wandersaison in სვანეთი (Svaneti) ist nämlich – wie auch in anderen kaukasischen Landesteilen Georgiens stark vom Winter abhängig. Einerseits ist es zu kalt, andererseits sind viele Straßen nicht mehr befahrbar. Jetzt, Mitte Oktober, sind die letzten Tage der diesjährigen Wandersaison und deswegen war diese Möglichkeit ziemlich toll und ich habe ganz spontan gesagt, dass ich sehr gerne mitkommen würde.

Letztlich waren wir dann doch nur zwei – Ulrike, eine Kommilitonin aus Berlin, und ich. Die Route, die wir geplant hatten, ist eine touristisch wohl sehr populäre und in der Hochsaison wohl auch stark frequentiert – von daher war jetzt der perfekte Zeitpunkt, zumal der Herbst das Land nochmal in einem anderen Licht zeigen würde als im Sommer.1

Unser Plan war es, am Donnerstag die მარშრუტკა (Marshrutka) um 7 Uhr nach Mestia (მესტია) zu nehmen. Nach einer zehnstündigen Fahrt dann in მესტია (Mestia) anzukommen, dort zu übernachten und am nächsten Morgen die erste von vier Etappen Richtung Ushguli (უშგული) zu laufen. Am Montag würden wir dann in უშგული (Ushguli) ankommen, nach მესტია (Mestia) zurückfahren, übernachten und am Dienstag gegen Abend zurück in თბილისი (Tbilisi) sein. Donnerstag und Freitag habe ich glücklicherweise keine Uni-Veranstaltungen, Montag ist zufälligerweise Feiertag und Dienstag wird gesch…

Die Fahrt war zwar anstrengend, aber auch irgendwie schön. Ulrike und ich lernten uns etwas kennen (wir kannten uns vorher gar nicht), schauten viel aus dem Fenster und bewunderten die vorbeiziehende Landschaft und schliefen etwas. 7 Uhr losfahren bedeutet nämlich 6.30 Uhr da sein, um sich einen guten Platz zu sichern (reserviert hatten wir telefonisch schon vorher). Das wiederum bedeutete, dass ich ein Bolt-Taxi buchen musste (was um die Zeit 25 Lari kostet), da die Metro erst ab 6 Uhr fährt und die Strecke mehr als 45 Minuten braucht.

Kühe, Schweine, Pferde und andere Nutztiere stehen öfter mal irgendwo auf einem Weg rum. Meistens interessiert es sie gar nicht, ob es sich um kleine Wege wie hier handelt oder um viel- und schnell befahrene Straßen.

In მესტია (Mestia) angekommen suchen wir uns ein erschwingliches Guesthouse und schauen uns etwas um. Berühmt sind die sogenannten Wehrtürme, die auch teilweise UNESCO Weltkulturerbe sind. So ergibt sich eine ähnliche Skyline wie in San Gimignano, allerdings mit wesentlich mehr Bergen.

Diesen Turm konnte man besteigen. Über sehr wackelige Leitern konnten wir bis zum Dach steigen und den Ausblick von oben genießen. Ohne erhöhten Puls ist der Aufstieg allerdings nicht möglich.

Der Ausblick von oben…

Im Zentrum ist tatsächlich (bis auf die Türme) das meiste gar nicht so alt, weil vieles für Tourist*innen ausgebaut wurde. Es gibt unzählige Hotels und Guesthouses. Sogar einen eigenen (wenn auch kleinen) Flughafen.

Blick aus unserem Guesthouse-Fenster. Es sieht so toll aus!

Am nächsten Morgen ging es dann los. Ich habe zwar Ausrüstung dabei für den Notfall – das stellte sich aber im Verlauf als ziemlich unnötig heraus, da die Guesthouses noch alle offen haben. Zelten ging sowieso nicht, weil Ulrike keine Ausrüstung dafür dabei hat. Es ging also los und war direkt richtig schön. Die Farben, die uns die Natur hier präsentiert, kann man sich nicht ausdenken, so viele tolle Kontraste – es ist einfach wundervoll. Ich lasse mal ein paar Bilder sprechen.

Farben…

Farben, Weg und Wolken.

Farben, Wolken, Weg und Zaun. Und Turm.

Unser Weg verläuft gemächlich nach oben. Wir haben heute erst einen Anstieg von circa 500 Höhenmetern und dann geht es fast genauso viel wieder runter nach ჟაბეში (Zhabeshi)2.

Auf der Höhe angekommen, gibt es doch tatsächlich ein kleines Café dort oben. Es ist nur ein kleiner Stand, aber es gibt hervorragenden Minztee und Kuchen, weitere Getränke und ein kleines Feuer. Zu sehen ist außerdem noch der Rest der aus მესტია (Mestia) mitgebrachten ხაჩაპური (Khatshapuri) und ლობიანი (Lobiani). Ich muss sagen, das waren bisher die besten Exemplare, die ich gegessen habe. Ich finde es so erstaunlich, dass die Bohnen, die jedes mal so trocken aussehen, so saftig und lecker sind. Richtig toll!3

Das ist მურშკელი (Murshkeli).

Und das ლახირი (Lakhiri), beides kleine Dörfer auf dem Weg.

Ein kleiner Hundewelpe fand uns ganz toll. Er ist uns recht lang gefolgt, bis ein Georgier dankenswerterweise ihn in die andere Richtung zurück gescheucht hat. Nele meinte, aus ihm wird vermutlich ein richtig großer Herdenschutzhund. Die Person dort ist übrigens meine Begleitung Ulrike.

Als wir in ჟაბეში (Zhabeshi) ankommen, spricht uns ein kleiner Junge an und fragt uns, ob wir ein Guesthouse suchen. Das tun wir und da der Preis passt, bleiben wir und lernen Moritz kennen, einen Urlauber aus Lüneburg in unserem Alter, der ebenfalls diese Tour macht und mit dem wir fortan zusammen wandern. Das Essen ist toll und lecker und wir sind sehr kaputt vom Tag.

Die Farben bleiben schön. Je höher wir kommen, desto herbstlicher wird es…

Dieses Tier macht verdammt laute Geräusche. Viel lauter als Grashüpfer oder Heuschrecken. Kennt es jemand?

Der nächste Tag hielt den größten Anstieg bereit. Von 1.600 Meter in ჟაბეში geht es bis zu 2.700 Meter hoch – und 700 davon wieder runter. Das ist wirklich sehr anstrengend, aber man wird belohnt durch einen sagenhaften Ausblick…

Tatsächlich ist dies hier ein Skigebiet.

Der, der da den Berg hochstapft, ist Moritz.

Karg und imposant zugleich.

Ein episches Fahrtenbild.

Hallo!

Viele Bilder… Aber es war auch soooo schön!

Es war übrigens der sonnigste Tag der Fahrt.

In ადიში (Adishi) nächtigen wir nun zu viert, denn wir haben auf den letzten Metern noch Niko aufgegabelt, der die erste und zweite Etappe einfach an einem Tag gelaufen ist. Krass. Er kommt aus Brandenburg und ist auch Urlauber. Guesthouses sind übrigens äußerst günstig. Für 60-90 Lari (20-30 Euro) bekommt man hier ein Bett, Abendessen und Frühstück.

Der nächste Tag startet diesiger.

Am nächsten Tag geht es weiter Richtung იფრარი (Iprari). Es liegt eine Flussdurchquerung eines Gletscherflusses vor uns.

Aber erstmal geht es ganz gemütlich durch wunderschöne Gebirgslandschaft…

…und dann durchs eisige Wasser.

Ja, „Durchquerung“ war genau so gemeint.

Dem Bett nach zu urteilen, war der Gletscher früher deutlich größer. Trotzdem sehr beeindruckend! Hinter diesem Massiv, dessen höchste Gipfel über 5.000 Meter hoch sind, liegt übrigens schon Russland. Dass Georgien eine so lange Grenze zu Russland hat, mag auf den ersten Blick äußerst bedrohlich erscheinen – allerdings liegt der größte Teil davon im hohen Kaukasus zwischen Gletschern und 5.000ern. Das ordnet die Bedrohung etwas ein (was gar nicht heißen soll, dass sie nicht existent wäre). Lediglich drei Straßen führen durch den Großen Kaukasus, von denen eine ins von Russland besetzte Südossetien führt.

„Und so geht es immer munter Berge rauf und wieder runter.“ Rhododendron ist hier übrigens sehr häufig anzutreffen.

Ich finde es einfach nur beeindruckend.

Die über 4.000 und 5.000 Meter hohen Gipfel ragen tief in die Wolkendecke hinein.

Es sieht aus wie Puderzucker!

Auf dem Weg hinunter fängt es etwas an zu regnen – das macht die Welt um uns rum aber eigentlich nur noch erstaunlicher und schöner.

Zuweilen kommt es auch vor, dass der Weg (ganz unabhängig vom Regen) gerade eigentlich auch ein Bach ist. Bach-Weg-Kreuzungen sind auch recht normal.

Angekommen in ხადე (Khade) kommen wir im letzten Guesthouse unter – die anderen haben längst zu. Und auch unser Gastgeber fährt in einigen Wochen. Leider leidet unsere Verpflegung auch unter diesem Faktum und so ist unsere Ernährung mehr auf selbsgebrannten ჯაჯა (Dschadscha), Schnaps aus Wein, ausgerichtet als auf ein umfangreiches Essen. Ich kann mich glücklicherweise ganz gut rausziehen. Am nächsten und letzten Wandermorgen regnet es wieder, auch in der Nacht hat es viel geregnet. Der Weg ist schön, es geht viel hoch und runter und irgendwann sind wir da.

„Zurück bleibt das Murmeln, der feuchtkalte Segen, der Wald, Feld und Wiesen besprüht.“

Und immer wieder tolle Farben.

Elegant im Poncho.

Das ist unser Ziel უშგული (Ushguli). Von dem hohen Turm aus…

…habe ich dieses Bild gemacht.

Von უშგული (Ushguli) fahren wir zurück nach მესტია (Mestia), wo wir nochmals nächtigen und dann um 8 Uhr die მარშრუტკა (Marshrutka) nach Tbilisi nehmen. Gegen 17/18 Uhr sind wir wieder in der Hauptstadt.

Das ist ein wohl umstrittenes Denkmal der Königin Tamar (თამარ მეფე), um die sich viele Legenden ranken. Sie war von 1184 bis zu ihrem Tod 1213 Königin über das Georgien des Goldenen Zeitalters.

Und zuletzt ein Gruppenbild: Ulrike, Moritz, Niko, ich (v.l.n.r.). Und nein, das ist kein Juve-Trikot. Wenn jemand weiß, welche Mannschaft noch infrage kommt, schreibt gern ;).

Aktuelle Empfehlungen

  • Musical: Falls ihr es noch nicht mitbekommen habt: Die Wiederaufnahme von „Carrie“, dem Musical, in dem Nele die Hauptrolle spielt, ist in vollem Gange. Nele spielt folgende Termine: 18.10., 24.10., 25.10. und 27.10. Mehr hier.

Fußnoten

  1. Die Tour ist hier sehr gut beschrieben: https://www.caucasus-trekking.com/treks/trek-mestia-to-ushguli.↩︎

  2. Zh bedeutet in der englischen Transliteration ein ž, also wie das zweite g in Garage.↩︎

  3. Hier haben wir die ხაჩაპური gekauft: https://www.openstreetmap.org/node/6487298285↩︎