Jede Menge Fußball

Georgien
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Autor:in

žuk

Veröffentlichungsdatum

28. Mai 2025

Ich war in Armenien – zumindest ein paar Tage. Von meinen Erlebnissen dort handelt dieser Blogpost, denn es gibt einiges zu erzählen, also los geht’s.

Bevor ich in Armenien war, besuchte ich Anfang April die კიკეთის ფერმა (Kiketi-Farm). Dort beendeten Jockel, erbse, Nele und ich im März unsere Kurz-Fahrt durchs winterliche und eisig kalte Georgien und wurden von einer sehr lieben Straßenhündin begleitet, die wir Murmel nannten. Naja, und ich wollte sie nochmal besuchen. Sie hatte uns von ახურეთი (Akhureti) aus (unserem Startpunkt) begleitet, von daher war nicht klar, ob sie vielleicht auch dorthin zurückgelaufen war. Jedenfalls habe ich sie leider nicht angetroffen. Das Hundefutter, was ich extra gekauft hatte, steht immer noch bei mir rum 😅.

Typisch Georgisch, aber in diesem Falle gar nicht alt: Ein Bungalow auf der კიკეთის ფერმა (Kiketi Farm) in კიკეთი (Kiketi).

Schön war’s trotzdem. კიკეთის ფერმა (die Kiketi-Farm) ist eine Art Event-Location, die am Wochenende (oder nur sonntags?) umfangreiches Programm wie zum Beispiel Basteln oder Töpfern anbietet. Und sie haben Pferde. Auf dem Gelände entstehen gerade jede Menge neue Bungalows und Häuser und es ist sehr interessant, die verschiedenen Baustadien zu sehen.

Als ich das letzte mal hier war, lag überall Schnee. Jetzt ist der Frühling längst erkennbar.

Eine Handvoll Hühner kann sich in diesem Stall ein schönes Leben machen.

Was kocht in diesem Kessel wohl (Spoiler: Ich hab leider nichts mehr abbekommen…)? Unter dem nächsten Bild gibt’s die Auflösung.

Ich bedaure es wirklich, dass beim letzten Mal meine Akkus frei gemacht haben, denn das war wirklich ein unfassbar beeindruckendes Bild… Jetzt haben die Bäume Blätter und die Landschaft ist schon leicht grünlich. Auflösung des „Rätsels“: Tatsächlich sind’s ხინკალი (Khinkali). Ich glaub, so zelebriert bekommt man sie eigentlich nie.

Und dann war ich mit David in Armenien, hauptsächlich zum Fußball schauen. Es war ziemlich großartig und für die zwei Nächte, die wir da waren, haben wir ganz schön viel erlebt.

Ein paar Worte „vorneweg“: Eigentlich wäre ich gern mit dem Zug nach Armenien gefahren, es gibt nämlich einen Nachtzug. Leider fährt der über Nacht und dann kann man das Zugfahren auch gar nicht so genießen (bei der Landschaft würde sich das nämlich auch tagsüber sehr lohnen) und leider fährt er auch nur alle zwei Tage. Und er ist natürlich teurer als Marshrutka und unflexibler. Nun ja, und in unserem Zeitraum fuhr er halt genau dann nicht, wenn wir es gebraucht hätten. Da wir an Fußballspiele terminlich gebunden waren, ließ sich das auch leider nicht verschieben. Irgendwann hole ich das nochmal nach.

So fuhren wir also mit Marshrutka nach Armenine, genauer Gyumri (Armenien hat nochmal ne eigene Schrift, aber die erspar ich euch jetzt mal, ich kann sie schließlich auch nicht lesen). An der Grenze wurden wir dann glatt mal zum Schmuggeln benutzt. Alkohol und Zigaretten sind Duty Free nämlich (im Gegensatz zum Flughafen, wo ich diesen Duty-Free-Hype absolut null verstehe, weil alles ja nochmal teurer ist durch Flughafen) super, super billig. Blöd nur, dass man nur eine bestimmte Menge einführen darf – zum Glück gibt es Touristen wie uns, die einfach nur nicken und Ja sagen. ;)

David hat sich die ganze Fahrt über mit unseren Mitfahrer*innen auf Russisch unterhalten, das war sehr toll für ihn. Ich habe Podcasts gehört und rausgeschaut, denn zwischen Armenien und Georgien gibt es ganz schön viel zu sehen. In Gyumri haben wir uns dann erstmal etwas die Stadt angeschaut. Wirklich hübsch.

Eine Katze lugt aus einem Fenster.

Und in einem Schaufenster des Puppentheaters begrüßt mich Gena, das Krokodil. Das ist vor allem deswegen lustig, weil mich seit Jahren auf meinen Reisen Cheburashka begleitet.

Es gibt eine wunderschöne Kirche in Gyumri (Armenien hat wie Georgien eine eigene christliche Konfession: armenisch-apostolisch). Die „Erlöserkirche“ wurde 1873 gebaut und überstand ein Erdbeben 1926. Teilweise zerstört in der Sowjet-Zeit (und auch anderweitig genutzt), gab ein Erdbeben 1988 ihr den Rest. Seit 2002 wurde sie restauriert und laut Wikipedia wirklich erst im Dezember 2024 wiedergeweiht. Das hätte ich nicht gedacht.

Nun aber zu den wirklich relevanten Dingen im Leben: Fußball. Wir sahen das Spiel FC Shirak gegen FC Ararat Yerevan. Shirak ist der Name der Region Gyumris. Der Ararat ist der armenische Berg, der zum Leid aller Armenier*innen in der Türkei liegt. Der FC Ararat Yerevan ist der historisch erfolgreichste Klub Armeniens, der auch in der ersten Sowjetischen Liga gespielt hat (genauso wie z.B. Dinamo Tbilisi).

Das Stadion war alt und hübsch, das Spielergebnis 1:3.

Links ist Raffael, den wir, nachdem wir die Tribüne zur Halbzeit gewechselt haben, kennenlernten. Er ist Chelsea-Fan und regt sich sehr über den schlechten Fußball seines Heimatvereins (Shirak) auf. Und er meinte, dass es hier zwar auch rassistische Sprüche von Fans gebe, das aber nicht so schlimm sei, weil das gar nicht so gemeint sei. Schwierige Einstellung, finde ich. Zum Ende hin hat er dann selbst einen ausländerfeindlichen, vielleicht auch rassistischen Zwischenruf (auf Englisch, wodurch ich’s verstehen konnte) gebracht. Abseits dessen ist er ein sehr aufgeschlossener und lieber Mensch. Eine richtig tolle Begegnung!

David.

Mit der Marshrutka geht’s weiter nach Yerevan. Dort fahren wir Metro und sehen so auch den Hauptbahnhof. Dieses gerüstartige Etwas ist tatsächlich die Überdachung 😂.

Und wie schick die Metro innen aussieht…

Mit dem Taxi, die hier sehr günstig sind, geht es zum nächsten Spiel, etwas außerhalb von Yerevan: FC Noah gegen BKMA Yerevan. Noah ist ein sehr, sehr junger Verein (2017 gegründet) und gehört einem Karen Abrahamyan, der wiederum ehemaliger Verteidigungsminister der Republik Arzach ist. „Arzach“ ist der armenische Begriff für Berg-Karabach. Er benannte den Klub von FC Artsakh in FC Noah um. Der Name spielt auf den biblischen Noah an, dessen Arche am Berg Ararat angekommen sein soll. Und da ist er auch wieder, der Ararat-Bezug. Wie auch immer, Fußball-Romantik sieht bezüglich der Tradition der Vereine definitiv anders aus.

Das sieht beim Stadion schon ganz anders aus. Ikonisch definitiv die Khrushchevkas im Hintergrund.

Auch wenn hier nur wenig mehr Zuschauer*innen den Spielen folgen als in Georgien, ist die (gefühlte) Spielqualität enorm besser. Es macht richtig Spaß, zuzuschauen. Gerade als Dortmun-Fan war ich einigermaßen ansehnlichen Fußball (damals) nicht gewöhnt, seit ich hier lebe.

Dann regnet es und spätestens jetzt wird’s richtig romantisch…

Und nach dem Sieg des FC Noah (3:0) geht’s fix ins Zentrum zu einem von zwei zentralen Stadien. Und was soll ich sagen, Leute: Wie unfassbar schön ist bitte dieses Stadion???

Oh. Mein. Gott.

Wenn ich ein Stadion bauen müsste, ich würd’s exakt genau so machen.

Und innen ist es auch wunderschön. Bitte gönnt euch noch diese ikonischen Platten im Hintergrund. Unfassbar geil.

Diese Dachkonstruktion!

Und dann fängt es wieder an zu regnen… Es war unglaublich. Ich glaube, das ist mit Abstand das schönste Stadion (hinter dem Westfalenstadion, versteht sich), in dem ich bisher war.

Diese Dachkonstruktion!!

Das Bild ist nicht verrauscht, das ist der Regen.
Achso, noch zum Fußballerischen: Es spielten im Supercup-Finale der Pyunik FC gegen den FC Ararat-Armenia. Pyunik ist armenischer Rekordmeister und -pokalsieger. Davon war aber nicht so viel zu sehen – das Team ging mit 0:4 unter.

Wem geht da nicht das Herz auf?

Kleine Site-Story am Rande: Mitten während der zweiten Halbzeit kam eine Drohne geflogen mit einem Banner „FFA Mafia“. FFA ist der Armenische Fußballverband.

Während des Spiels trafen wir einen Deutschen aus Hannover und gingen im Anschluss noch in den Beatles-Pub. Und das war eine verdammt gute Entscheidung. Ich habe noch nie eine so lange Bierkarte gesehen. Allein 20 Sorten gezapftes Bier, richtig gute Musik und ein sehr, sehr toller und lieber Chef, der uns persönlich eingeladen und uns noch Plätze besorgt hat, als wir in dem total vollen Pub etwas unschlüssig rumstanden. So ein cooler Typ. Wir haben auch etwas gequatscht und es war richtig schön dort. Dicke Empfehlung!

Ein Bild, das auch in Georgien hätte entstehen können: Gaszähler draußen am Haus.

Das ist die höchste Kirche der armenisch-apostolischen Kirche. Etwa zur selben Zeit entstanden wie die Sameba-Kathedrale.

Wie auch immer. Ich bin nicht nach Armenien gefahren, um möglichst viel von diesem Land mitzunehmen. Dafür hätte ich auch gar nicht genügend Kapazitäten gehabt, da ist mir Georgien schon „genug“. Deswegen war meine Erwartung: Fußball und sonst nichts. Und das war richtig, richtig schön. Auf der einen Seite haben wir schöne Spiele und noch viel schönere Stadien gesehen, vor allem aber hatten wir richtig tolle Begegnungen – ohne die großartig „provoziert“ zu haben. Ich habe das Gefühl – und einige Kommiliton*innen haben das mit ihren Erfahrungen auch bestätigt –, dass Armenier*innen deutlich aufgeschlossener zu sein scheinen als Georgier*innen. Gefühlt hatte ich mehr Gespräche mit Locals an drei Tagen (ausgenommen Saleko und Familie), als in den Monaten davor in Georgien. Vielleicht ist das aber auch einfach nur Zufall, das kann sehr gut sein. Ich fand diese Tendenz aber sehr spannend und wollte sie deswegen mal mit euch teilen.

Ich schicke euch viele liebe Grüße aus ყაზბეგი (Kazbegi) bzw. სტეფანწმინდა (Stepantsminda), das sind zwei Namen für den selben Ort. Morgen geht’s groß Wandern und ich freue mich schon sehr darauf. Habt es gut!

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  • Ich hab in letzter Zeit aus Gründen ganz viele Kinderlieder gehört. Dicke Empfehlung für „Kinderlieder aus aller Welt“ von Gerhard Schöne. Es gibt keine schönere Kinderlieder-CD, da bin ich mir sehr sicher. Außerdem bin ich auch sehr begeistert von den vielen empathischen und gewaltfreien Kinderliedern von Klaus W. Hoffmann.

  • Auf der Straße ist mir dieses georgische Lied über den Weg gelaufen. Nach mehrmaligen Ohrwürmern habe ich Yana gefragt und sie hat mir beim Finden geholfen. :)