Fahrtenzeit

Georgien
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Autor:in

žuk

Veröffentlichungsdatum

3. Juli 2025

Ich warne schonmal vor, dieser Artikel wird länger, vor allem, weil es viele Bilder gibt. Schöne Fahrtenbilder! Ich war nämlich endlich wieder auf Fahrt! Mit meinem nächsten Besuch: Noah, Clara (nicht meine Schwester), Jakob und Desi waren da. Noah kenne ich über den VCP Mitteldeutschland und besonders intensiv über unsere gemeinsame Landesleitungszeit dort und durch unser Teillager „Trabantenstadt“ auf dem letzten VCP-Bundeslager. Jakob kenne ich seit dem Kindergarten, richtig befreundet sind wir seit unserer gemeinsamen Schulzeit ab der 9. Klasse.

Aber eins nach dem anderen und so beginnen wir wieder mit თბილისი (Tbilisi), denn wenn Besuch da ist, „muss“ ich natürlich auch meine Stadt zeigen – und am liebsten natürlich Dinge, die ich selbst noch gar nicht kenne. Von daher kommen euch einige Bilder vielleicht schon bekannt vor, andere werden ganz neu sein.

Ein typisches Bild aus სოლოლაკი (Sololaki), eines der ältesten Stadtteile თბილისის (Tbilisis).

Wer hat die denn da stehen gelassen? Foto: Noah.

Hoch über der Stadt thront die „Mutter Georgiens“ – auch über diese Ruinen.

Schön verzierte Fenster neben Feigenbaum.

Manche sagen die schöne Seite თბილისის (Tbilisis), andere die touristische. Die Wahrheit liegt sicher irgendwo in der Mitte (ohne dass ich sagen will, dass Stadtteile wie mein საბურთალო (Saburtalo) hässlich seien – das sind sie definitiv nicht!).

Wenn man schonmal so was mit Saiten dabei hat, dann sollte man’s auch gleich ausnutzen. Foto: Noah.

Wir fahren in den Botanischen Garten mit der Seilbahn.

Eins, zwei, drei, vier liebe Menschen. Der fünfte steht hinter der Kamera. Foto: Kriegt ihr selber hin, oder?

Von da aus laufen wir was essen. Danach kommen wir an den Protesten vorbei, weswegen ich die Gelegenheit nutze, nochmal zu erwähnen, dass diese immer noch (!!) andauern. Die 200-Tage-Marke ist sicher schon vorbei. Wenn wer Lust hat, viel Spaß beim Rechnen ;). Naja, jedenfalls ist es deutlich leerer, es sind nur ein paar hundert Menschen, die trotzdem Abend für Abend die Straße blockieren und damit riskieren, einer immensen Geldstrafe ausgesetzt zu werden. Die Strategie der Demonstrierenden hat sich mittlerweile geändert: Man hofft auf Beistand aus dem Westen (vor allem der EU) und Sanktionen gegen die Regierung.

War schonmal voller hier – aber das Durchhaltevermögen ist absolut bewundernswert.

Am Abend singen Jakob und ich schöne zweistimmige Wandervogellieder (bei der Gelegenheit schaut doch gern mal bei den Sternreitern, siehe unten, vorbei!), während die anderen drei unsere Fahrtenroute planen. Jakob und ich kennen uns aus dem Waldkindergarten, aber eigentlich erst so richtig aus der Schulzeit (ab 9. Klasse) und waren da sehr dicke. Aber wie das so ist: Man geht anderer Wege und hat nicht mehr so viel Kontakt, erst recht nicht mehr täglich. Ich hab mich sehr gefreut, als Jakob gefragt hat, ob er mich mit Desi besuchen kommen kann, aber ich habe nicht erwartet, dass es so schön werden würde. Nicht weil ich es nicht schön erwartet habe, sondern weil es so schön war. Ich habe nicht damit gerechnet, dass wir musikalisch so gut harmonieren und mir auch ehrlich gesagt nie zuvor eine Augenhöhe zugetraut (die aber für gemeinsames Musizieren super wichtig ist). Ach, es war einfach richtig schön und sollte auch noch genauso weitergehen…

Ach schau, nochmal drei. Foto: Noah.

Nur falls es irgendwer vergessen hat: „Russland ist ein terroristischer Staat“.

Wer strahlt mehr: Clara oder die Sameba-Kathedrale? Foto: Noah.

Jakob fällt gar nicht auf, oder? Foto: Desi.

Das ist übrigens das Denkmal fürs ბერიკაობა (Berikaoba), ein Impro-Masken-Folk-Theater. Foto: Desi.

Das ist ein sehr berühmtes Sowjet-Mosaik von ზურაბ წერეთელი (Zurab Tsereteli) aus dem Jahre 1978. Er ist tatsächlich am 22. April 2025 gestorben, wie ich gerade lese, und war ein sehr berühmter georgischer Maler, Architekt und bildender Künstler (sagt man das so?). Allerdings sollte dieser წერეთელი nicht mit აკაკი წერეთელი (Akaki Tsereteli) verwechselt werden, nach dem die Metro-Station წერეთელი der საბურთალოს ხაზი (Saburtalo Line) benannt ist (wobei ursprünglich eigentlich nach der Straße, die wiederum nach ihm benannt ist – egal). Der წერეთელი war nämlich vor allem Dichter und lebte etwas früher (1840–1915). Suliko, einer der berühmtesten georgischen Lieder (wohl auch das Lieblingslied Stalins – da ist er wieder, der Stalin-Kult), basiert auf seinen Gedichten.

Wir waren auch nochmal beim Turtle Lake – und vorher im Ethnographischen Museum. Diesmal sogar mit Golden Hour.

Hier kann man gut sehen, wie so eine schicke georgische Kirche gar nicht mal so schick aussieht, wenn sie nicht mit schönen Steinen verkleidet ist.

Und dann ging’s auf Fahrt! Erst nach ბორჯომი (Borjomi) und dann von da aus weiter nach ქვაბისხევი (Kvabiskhevi), wo unsere Tour startete. Vier Tage später würden wir dann in ლიკანი (Likani) wieder rauskommen. Nach ბორჯომი (Borjomi) kommen, ist erstmal leicht. Einen Bus zum Nationalparkzentrum auch. Aber dann den richtigen Bus zum richtigen Ort zu nehmen und sich nicht von abzockerischen Taxifahrern (ja, Gendern lohnt hier nicht) beirren zu lassen, ist dann doch schon etwas herausforderungsvoller.

Warten auf den richtigen Bus. Foto: Noah.

„Den Rucksack gepackt und das Herz mir so leicht…“. Foto: Noah.

Irgendwie fehlt da was, oder? Foto: Noah.

Vor uns liegen drei Nächte im Zelt mit einer Wanderung ganz in der Natur. Im ბორჯომი (Borjomi) Nationalpark gibt es zwar festgelegte Zeltplätze, an denen auch Hütten stehen (die haben aber deutlich teurere Übernachtungsgebühren) und ab und zu läuft man auch mal anderen Leuten über den Weg, aber sonst ist man sehr abgeschieden. Für mich ist quasi am Anfang schon klar: Hierher muss ich nochmal wiederkommen.

Die Wege sind wunderschön, relativ gut ausgeschildert. Leider gibt es von einem Großteil des Nationalparks keine Papierkarten, was sehr unpraktisch für längere Touren sein kann. Jetzt navigieren wir mit Smartphone und GPS – das funktioniert immer gut. Im Nationalparkzentrum, wo man sich anmelden muss und einen Passierschein bekommt, der am Eingang des Nationalparks tatsächlich auch kontrolliert wird, konnten wir uns eine alte, etwas zerfledderte Karte schnorren, die mir später sicher noch von Nutzen sein wird.

Es ist eine wunderschöne Landschaft, in der es sehr viel Spaß macht, durch die Gegend zu laufen. Foto: Jakob.

Ein Bild aus der Kategorie „Fahrtenstillleben“, die sich stark von der Kategorie „Singerundenstilleben“ abgrenzen lässt.

Am ersten Abend überkommt uns ein wundervoller Regen, der leider verhindert, dass wir die Burg (die nicht so richtig erkennbar ist auf dem Bild) in diesem schönen Licht erklimmen.

Über die Landschaft hier kann ich einfach nur staunen.

Abends singen wir bei Kerzenschein. Foto: Jakob.

Das soziale Experiment, wie es ist, zu dritt in einem Zweipersonenzelt zu schlafen, meistern Desi, Jakob und ich bravourös? Ab der zweiten Nacht waren sogar alle Schlafsäcke auch am Morgen noch trocken ;). Foto: Jakob.

Bei dem Fluss filtern wir noch Wasser sicherheitshalber. Und dank Desi hab ich auch endlich mal wieder einen Zopf! Foto: Jakob.

Jede Pause will genutzt werden. Foto: Noah.

„Und so geht es immer munter Berge rauf und wieder runter.“

Bäume verhangen im Wolkenmeer.

Langsam gewinnt der Nebel die völlige Überhand.

Am Abend regnet es wieder. Zusammen mit dem Nebel ergibt das eine sehr feuchte Mischung, die uns in der Hütte zum Essen und Singen Zuflucht suchen lässt. Ich muss sagen, wir haben echt Glück mit dem Wetter gehabt, auch wenn ich aus თბილისი (Tbilisi) kommend ein bisschen zu wenig Kleidung mithatte. Foto: Noah.

Foto: Noah.

Foto: Noah.

Angekommen bei unserem letzten Schlafplatz. Am nächsten Morgen müssen wir früh los, weil Jakob und Desi zurück nach ქუთაისი (Kutaisi) zum Flughafen müssen.

Und heute gibt’s mal richtig Feuer draußen! Am Abend zuvor hatten wir in der Hütte immerhin einen kleinen Ofen.

Zu meiner großen Überraschung bin ich der erste der wach ist. Die Möglichkeit, die anderen mit dem Lied vom Wecken zu wecken, habe ich mir natürlich nicht entgehen lassen…

Hier mal alle fünf :).

Dieser Waldschrat weist den Weg – aber für uns in die falsche Richtung… 😅.

Nachdem wir Jakob und Desi ins Sammeltaxi Richtung ხაშური (Khashuri) verabschiedet haben, erkunden Clara, Noah und ich noch ბორჯომი (Borjomi). Ich muss sagen, dass es wirklich sehenswertere Städte in Georgien gibt – ბორჯომი ist eine strange Mischung aus Kur-Tourismus und Sowjet-Überbleibseln.

Es gibt zum Beispiel diese Looping-Brücke. Völlig nutzlos, wenn ihr mich fragt.

Naja, und dann testen wir noch das Heilwasser, dass im Kurpark ausgeschenkt wird. Ich lass mal die Bilder sprechen…

(a) Clara
(b) Noah
(c) žuk (Foto: Noah)
Abbildung 1: So sieht es aus, wenn wir originales ბორჯომი Heilwasser trinken.

Zurück nach თბილისი (Tbilisi) geht’s mit dem Zug. Zwei ლარი (Lari) für vier Stunden Fahrt durch wundervolle Landschaft, das sollte man sich nicht entgehen lassen.

Allerdings haben wir noch gaaaaanz viel Zeit zum Warten…

თბილისი – ბორჯომი (Tbilisi – Borjomi) verrät uns dieses Schild. Zweifellos unser Zug.

Hach, Züge…

Die Dämmerung hat ihr Werk schon fast vollendet, als wir wieder in der Hauptstadt sind. Foto: Noah.

Am nächsten Tag fahren wir zu dritt nach მცხეთა (Mtskheta), der antiken Hauptstadt von der ich schon berichtet habe. Wir schauen uns auch das Kloster der Heiligen Nino an (das სამთავროს მონასტერი, Samtawro-Kloster). Zum Kloster gehört eine größere Kirche und eine kleinere Kapelle. Ursprünglich stammt die Anlage aus dem 4. Jahrhundert, wurde aber zerstört und im 11. Jahrhundert wiederaufgebaut und so bis heute erhalten. Tatsächlich ist das Kloster UNESCO-Weltkulturerbe. Zurück geht das Kloster auf König Mirian III. und seine Frau, die Heilige Nino, die Georgien zum Christentum bekehrte. Beide sind auch in der Kirche begraben.

Die kleinere Kapelle St. Nino hat wunderschöne alte Fresken.

Dieses Kreuz steht vor der Kapelle. Es ist in ähnlichen Formen in ganz Georgien verbreitet und eng mit der Heiligen Nino verbunden. Es handelt sich um ein Weinrebenkreuz, das von ihrem eigenen Haar zusammengehalten wurde. Wie ich von Wikipedia erfahre, ist das Weinrebenkreuz ein spezielles Kreuz der georgisch-orthodoxen Kirche. Das Kreuz ist tatsächlich als Reliquie in der Sioni Kirche in თბილისი (Tbilisi) erhalten.

Und das ist die größere Kirche.

Dann steigen wir noch auf eine Festungsruine, bei der es leider gar nicht so viel zu sehen gibt. Außer:

Dieser wundervollen Aussicht Richtung ჯვარის მონასტერი (Jvari-Kloster).

Und dann geht mein Besuchsmarathon zu Ende und Noah und Clara machen sich auf den Weg nach ყაზბეგი (Qazbegi). Es war eine sehr schöne Zeit und insbesondere das Auf-Fahrt-sein habe ich sehr vermisst. Jetzt freue ich mich direkt umso mehr auf meinen Juli und August, wo ich das nochmal ausführlichen machen werde. Jetzt bin ich die letzten Tage in თბილისი, denn übermorgen gehe ich noch zu einem Rugby-Spiel der georgischen gegen die irische Nationalmannschaft. Rugby soll ein großes Ding hier sein, deswegen bin ich sehr gespannt und freue mich drauf, zumal ich noch nie bei einem Rugby-Spiel war. Und am 08.07. ist Champions-League-Qualifikation und das wird vielleicht mein letztes Fußballspiel, das ich in Georgien besuchen werde (ganz sicher weiß man’s ja nie, aber sehr wahrscheinlich ist es schon). Da freue ich mich auch sehr drauf. Danach ist mein grober Plan, nach ლაგოდეხი (Lagodekhi) zu fahren, wo ich im Dezember schonmal war, dort eine kleinere Mehrtagestour zu machen, und mich dann nach ქუთაისი (Kutaisi) zu begeben, wo Mattheus ankommen wird, mit dem ich in გურია (Guria) oder auch im ბორჯომი (Borjomi) Nationalpark auf Fahrt sein werde.

Gute Aussichten also. Habt es gut und kommt gut über die heißen Tage hinweg!

Aktuelle Empfehlungen

  • Wie oben schon erwähnt: Die Sternenreiter haben zwei tolle CDs. Meiner Meinung nach die besten Aufnahmen bündischer Musik.
  • Ein kleines, schnell gelesenes (oder gehörtes) Büchlein kann ich wärmstens empfehlen: „Liebe Jorinde oder Warum wir einen neuen Feminismus des Miteinanders brauchen“ von Mareike Fallwickl (71 Seiten bzw. anderthalb Stunden Hörzeit). Das ist ein Buch, das viele Gedanken, die mir seit Monaten bis Jahren zum Thema Feminismus im Kopf rumgeistern, ziemlich schön ausformuliert. Eine ganz, ganz dicke Empfehlung!!